Eine neue Schule reicht nicht

Als in mir vor über vier Jahren der Wunsch wach wurde, eine andere Art von Schule für meinen Sohn haben zu wollen, war ich noch voller Hoffnung, dass jemand anderes diese Schule gründen würde. Ein Jahr später wurde mir jedoch klar, dass ich die Person war auf die ich gewartet hatte!

Ich fand zwei weitere Mitstreiterinnen und so starteten wir zu dritt. In einem gemütlichen Café bei Kaffee und Schokokuchen, begannen wir, uns unsere neue Art von Schule zu ‘erspüren’. Damals sagten wir noch: “wir denken Schule neu”, im Rückblick ist mir klar geworden, dass es viel mehr ein Erspüren und Herausfiltern war.

Es war ein tolles Jahr mit inspirierenden und tiefen Gesprächen – und doch gab es auch Schwierigkeiten. Wir waren drei sehr unterschiedliche Menschen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorstellungen davon, wie dieser Schulgründungsprozess verlaufen sollte. Aber da wir es auch “so schön” miteinander hatten und es außerdem unsere Fähigkeiten überstieg, wirklich gemeinsam in einen produktiven Prozess einzusteigen, kamen wir als Gruppe nicht weiter. Inzwischen waren auch noch ein paar mehr Menschen dazu gekommen, die mit unterschiedlichem Zeit- und Energieaufwand versuchten mitzuwirken.

Das nächste Jahr war gefüllt mit unausgesprochenen und ungeklärten Bedürfnissen und Wünschen. Mit Frust und Spannung, Druck und passivem Widerstand, Wut und unausgesprochenen Vorwürfen.

Erst ein Jahr später kam die Rettung: wir hatten das Glück, dass sich eine Psychologin und Organisationsentwicklerin bereit erklärte, uns zu unterstütze. Sie sorgte für den nötigen Raum, um in den heilsamen Konflikt zu gehen. Sie ließ “die Eiterblase platzen”. Danach klärte sich schnell, wer von nun an in welcher Position an der Gründung mitwirken würde – ein paar verließen das Team. Wir anderen begannen einen sehr fruchtbareren Prozess, mit tollen – weil verbindenden und klärenden – Konflikten.

Inzwischen sind wir ein Kernteam geworden, das auf gemeinsamen Werten beruht. Wir üben uns gemeinsam in Achtsamkeit, d.h. darin, die volle Verantwortung für unsere Gefühle und Gedanken zu übernehmen, Störungen direkt anzusprechen und mit ihnen in den Prozess zu gehen. Selbst wenn wir keine Schule gründen würden, hätte es sich schon wegen dieser Erfahrungen im Kernteam gelohnt.

Unsere Schule wird auf einer neuen Kultur des Vertrauens, der Konfliktfähigkeit, der Gewaltfreien Sprache, der Fähigkeit sich verletzlich zu zeigen und Fehler machen zu können und der gegenseitigen Wertschätzung beruhen. Wir haben ein gemeinsames tieferes Wissen darüber erlangt, was wirkliche Menschwerdung bedeutet.

Es reicht nicht neue Schulen für unsere Kinder zu gründen. Es geht darum eine neue Kultur des Miteinanders zu üben und vorzuleben. Denn nur wenn wir uns selbst nachhaltig verändern, wenn wir unser ganzes Fühlen, Denken und Wollen transformieren, können wir unseren Kindern DIE Bildungsräume erschaffen, in denen sie in die neue Zeit, die neue Geschichte, hereinwachsen können – in eine Kultur der Verbundenheit mit uns selbst, anderen Menschen und der Natur. Das ist nachhaltige Bildung, das ist Friedensbildung.

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